Präzision unterwegs: Mobile Bohrwerke im Einsatz für Lagersitze & Co.

Zuletzt aktualisiert:

Lesedauer: 3 Minuten

Mobile Zerspanungssysteme ermöglichen hochpräzise Bearbeitungen direkt vor Ort, ohne dass große Bauteile aufwendig demontiert oder transportiert werden müssen. Besonders bei LagersitzenBohrungen oder Flanschflächen, wo es auf hundertstel Millimeter ankommt, sind mobile Bohrwerke ein entscheidender Vorteil. Die Maschinen werden modular aufgebaut und lassen sich an nahezu jede Geometrie und Bauteilgröße anpassen.

Durch den Einsatz feinjustierbarer Führungen, digitaler Messsysteme und hochpräziser Vorschubkomponenten erreicht man Bearbeitungsqualitäten, die konventionellen stationären Werkzeugmaschinen ebenbürtig sind. Gleichzeitig sinken Stillstandszeiten und Instandhaltungskosten drastisch, weil komplette Demontagen entfallen.

Typische Anwendungsfälle in Industrie und Maschinenbau

Bei der Vor-Ort-Bearbeitung großer Lagerstellen wie z. B. in Wellen-, Turbinen- oder Pressengehäusen ist der Einsatz mobiler Bohrwerke oft die einzige wirtschaftliche Lösung. Denn ein Abtransport der oft tonnenschweren Bauteile wäre nicht nur logistisch extrem aufwendig, sondern auch mit erheblichen Stillstandszeiten verbunden.

Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Reparatur beschädigter Passungen, bei denen das Bohrbild nachträglich angepasst oder vollständig neu hergestellt werden muss. Auch hier kommt es auf absolute Achsgenauigkeit und Rundlauf an, da spätere Komponenten wie Lager oder Wellenelemente passgenau montiert werden müssen.

Anforderungen an Genauigkeit und Ausrichtung

Bei der Bearbeitung von Lagersitzen, Flanschen oder Bolzenaufnahmen ist die geometrische Genauigkeit das A und O. Selbst kleinste Abweichungen können zu Verspannungen, ungleichmäßigem Verschleiß oder gar Totalausfällen führen.

Deshalb erfolgt vor Beginn jeder mobilen Bearbeitung eine exakte Zentrierung und Ausrichtung der Bohranlage – häufig unter Einsatz von Laservermessung, elektronischen Nivelliergeräten oder induktiven Messsystemen. Nur so kann die Bohrung exakt zur Maschinenachse ausgerichtet und der gewünschte Durchmesser mit der nötigen Präzision eingebracht werden.

Die Positionierungstoleranzen liegen dabei oft im Bereich von ±0,02 mm – bei gleichzeitig sehr großen Bearbeitungsdurchmessern von bis zu mehreren Metern. Diese Kombination erfordert nicht nur modernste Technik, sondern auch langjährige Erfahrung in der Anwendung.

Auswahl der Werkzeuge und Schnittparameter

Die Wahl des passenden Werkzeugsystems hängt vom Werkstoff, dem gewünschten Durchmesser und der Bearbeitungstiefe ab. In der Regel kommen modulare Bohrstangen, ausrichtbare Schneidköpfe oder mehrschneidige Fräswerkzeuge zum Einsatz. Für besonders harte Werkstoffe oder hochverschleißgefährdete Zonen empfiehlt sich der Einsatz beschichteter Wendeschneidplatten oder Vollhartmetalllösungen.

Die Schnittparameter – also Drehzahl, Vorschub und Zustellung – werden individuell auf die jeweilige Bearbeitungssituation angepasst. Dabei gilt: lieber konservativ starten und sich in Richtung optimaler Zerspanung herantasten, als zu aggressiv zu arbeiten und Werkzeug oder Bauteil zu beschädigen.

Bauteilfixierung und Schwingungsdämpfung

Eine der größten Herausforderungen bei der mobilen Bearbeitung ist die stabile Fixierung des Werkstücks. Besonders bei hohen Bearbeitungskräften, großen Werkzeugauskragungen oder empfindlichen Bauteilgeometrien können selbst kleinste Vibrationen zu Maßabweichungen führen.

Um dem entgegenzuwirken, werden oft spannkraftgesteuerte Aufnahmen, individuell angepasste Spreizelemente oder hydraulische Fixiersysteme verwendet. Zusätzlich kann durch gezielte Schwingungsdämpfung, z. B. über Gummikomponenten oder Massenabsorber, die Prozessstabilität deutlich verbessert werden.

Qualitätssicherung und Dokumentation

Nach Abschluss der Bearbeitung erfolgt die messtechnische Kontrolle der erzeugten Geometrien. Hier kommen 3D-MessarmeRundlaufprüfgeräteInnenmikrometer oder taktile Messtaster zum Einsatz. Besonders bei sicherheitsrelevanten Bauteilen (z. B. in der Energie- oder Luftfahrttechnik) wird jede Abweichung exakt dokumentiert und mit den Sollwerten abgeglichen.

Die vollständige Dokumentation aller Arbeitsschritte, Messwerte, verwendeten Werkzeuge und Einstellungen gehört zum Standard. Sie dient nicht nur der Qualitätssicherung, sondern ist oft auch Teil regulatorischer oder normativer Anforderungen.

Vorteile gegenüber stationärer Bearbeitung

Die Vorteile mobiler Zerspanungssysteme liegen auf der Hand:

  • Wegfall von Demontage- und Transportaufwand
  • Reduktion von Maschinenstillständen
  • Geringerer Personaleinsatz und geringeres Risiko
  • Bearbeitung großer Bauteile direkt vor Ort
  • Schnellere Wiederinbetriebnahme der Anlagen
  • Präzision vergleichbar mit CNC-Maschinen im Werk

Besonders bei zeitkritischen Reparaturen oder unvorhergesehenen Instandsetzungsfällen ist die Mobilität ein unschätzbarer Vorteil.

Sicherheit bei der mobilen Zerspanung

Auch wenn die Technik hochentwickelt ist: Die Sicherheit bei der mobilen Bearbeitung hat oberste Priorität. Der Aufbau muss so erfolgen, dass alle Kräfte zuverlässig aufgenommen werden können, ohne Gefahr für Bediener oder Bauteil. Schutzabdeckungen, Not-Aus-Systeme und eine sorgfältige Gefahrenanalyse vor Beginn der Arbeiten gehören zum Pflichtprogramm.

Gerade beim Arbeiten in schwer zugänglichen Bereichen oder auf engstem Raum ist eine vorausschauende Planung entscheidend. Oft sind hier auch organisatorische Maßnahmen wie Absperrungen, Zugangsregelungen oder spezielle Schulungen für das Personal notwendig.

Schulung und Erfahrung als Erfolgsfaktor

Neben der Technik spielt die Erfahrung des Bedienpersonals eine zentrale Rolle. Das Einrichten der Maschinen, die korrekte Interpretation der Messwerte und das sichere Beherrschen der Bearbeitungsparameter entscheiden maßgeblich über den Erfolg eines Einsatzes.

Deshalb investieren viele Unternehmen in gezielte WeiterbildungenOn-the-Job-Trainings und den Austausch mit erfahrenen Kollegen. Nur wer die Besonderheiten der mobilen Bearbeitung versteht, kann die Potenziale der Technologie voll ausschöpfen.

Fazit: Präzision vor Ort mit System

Mobile Bearbeitungssysteme sind aus der modernen Instandhaltung und Großmaschinenfertigung nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen eine hochpräzise Bearbeitung direkt am Einsatzort, verkürzen Ausfallzeiten und vermeiden aufwendige Transportlogistik.

Die Kombination aus präziser Technik, durchdachter Prozessplanung und qualifiziertem Personal macht es möglich, auch komplexe Bearbeitungen wie Lagersitze, Flansche oder Ausrichtbohrungen exakt und zuverlässig umzusetzen – überall dort, wo es darauf ankommt.

Tobias Friedrich
Tobias Friedrichhttps://wochenkurier.de
Tobias Friedrich, Jahrgang 1971, lebt mit seiner Familie in Berlin. Als freier Journalist schrieb er bereits für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Berliner Zeitung, Spiegel Online und die Süddeutsche Zeitung. Der studierte Wirtschaftsjurist liebt ortsunabhängiges Arbeiten. Mit seinem Laptop und seinem Zwergpinscher Jerry ist er die Hälfte des Jahres auf Reisen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beitrag teilen:

Newsletter abonnieren

spot_imgspot_img

Beliebt

Das könnte Sie auch interessieren
Interessant

Die Faszination von Open-World-Spielen: Warum sie die Zukunft des Gamings prägen

Open-World-Spiele begeistern durch ihre beeindruckende Freiheit und die Vielfalt...

Die faszinierende Welt von Pierre Sanoussi-Bliss: Ein Blick auf sein künstlerisches Schaffen

Das künstlerische Schaffen von Pierre Sanoussi-Bliss beeindruckt durch seine...

Mitarbeiter sinnvoll im Unternehmen einsetzen: Strategien für eine effektive Einsatzplanung

Es ist von entscheidender Bedeutung, Angestellte im Unternehmen sinnvoll...

24h-Betreuung zuhause durch osteuropäische Betreuungskräfte: Ein bewährtes Konzept im deutschen Pflegesystem

Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt seit Jahren einen...